Die Lage in den Schulen ist angespannt – ein außergewöhnliches Schuljahr geht zu Ende und Mitarbeitende wie Schüler*innen haben sich die Ferien wirklich verdient. Gleichzeitig dürfen wir als Gesellschaft über die Sommerwochen nicht tatenlos bleiben, sondern müssen uns vorbereiten auf wieder steigende Infektionszahlen und sichere Präsenz in der Schule.
In der Betrachtung vieler Studien zur Lage von Kindern und deren Lernerfolgen lässt sich feststellen, dass in Zeiten von Schulschließungen in der Breite gut messbare Kompetenzen in Deutsch und Mathe schlechter gelernt wurden. Dass die psychische Belastung für Kinder in der Pandemie enorm hoch ist, wissen wir jetzt auch schon einige Monate. Im auslaufenden Halbjahr konnte ich in der Grundschule miterleben, wie manche Kinder im Distanzunterricht nicht bis kaum erreichbar waren für ebenfalls schwer belastete Pädagog*innen, die auch die Mehrarbeit des Fernunterrichts bewältigen müssen. Und das (auch bei uns an der Schule) immer wieder hochgelobte Wechselmodell habe ich als ziemlich furchtbar erlebt – denn es verstärkt bestehende Ungleichheiten, die wir schon von den Lernlücken in den Sommerferien oder der Unterstützung bei Hausaufgaben kennen. Mit Bildungsgerechtigkeit oder Inklusion hat das wenig zu tun. Die wichtige Beziehungsarbeit gerät ohne die tägliche Präsenz ins Stocken, soziales Lernen und eine starke Klassengemeinschaft haben es viel schwerer (denn die Konflikte, die nun vielleicht weniger auftreten durch nur halb so viele Kinder in der Schule, sind leider auch wichtige Anlässe sozialen Lernens), und was für eine Katastrophe die Beschränkungen durch die Corona-Pandemie auf körperliche Entwicklung, Sportmannschaften oder kulturelle Bildung in Gruppen wie Schulorchestern und Bläserklassen hat, hört man auch immer wieder von betroffenen Kolleg*innen.
Die Lage ist also weiterhin alles andere als rosig. Und ich muss sagen, im Sinne der Kinder bin ich super dankbar dafür, dass wir in Bremen die Kinder so viel in der Schule haben durften (bei all den Problemen, wie Testaufwand, die das mit sich brachte). Gleichzeitig bin ich wütend, dass die Losung zu Beginn der Pandemie „Schulen zuletzt schließen und zuerst öffnen“ nicht nur komplett ins Gegenteil verkehrt wurde, sondern dass auch der dahinterstehende Grundgedanke kaum noch zu finden ist. Ich finde, wir Erwachsenen sind jetzt an der Reihe, Solidarität mit den Kindern zu üben. Und wenn das bedeutet, dass wir noch eine Saison ohne Zuschauer*innen in Stadien haben, dass wir weiterhin, wo möglich, aus dem Homeoffice arbeiten und nicht nach Italien in den Urlaub fahren, dann sollten wir alle diese Maßnahmen in Solidarität ergreifen. Und am aller wichtigsten: Wir sollten uns alle konsequent und schnellstmöglich impfen lassen! Denn wo eine medizinische Diagnose nicht dagegenspricht, ist das Nichtimpfen einfach ein Schlag ins Gesicht für alle Kinder, die diese Entscheidung nicht haben, aber die Konsequenzen einer neuen Infektionswelle und einhergehender Beschränkungen mit voller Härte abbekommen.
Und dann noch eins: Die Schulen waren das komplette Schuljahr nicht einen Tag im „Normalzustand“ und werden das auch nächstes Schuljahr wohl kaum sein. Durch (im Sinne des Infektionsschutzes sinnvolle) Kohortenregelungen, Masketragen, weniger jahrgangsübergreifendes Lernen, um nur einige Beispiele zu nennen, werden wir auch nächstes Schuljahr noch viele Gedanken auf die Pandemie verwenden, was das Lernen und Arbeiten, Wachsen und Schöpfen in Schule erschwert.
Es gibt nicht den einen „Corona-Abschlussjahrgang“, sondern eher 18 davon – und 16 stehen uns davon mindestens noch bevor, denn wie stark sich diese Pandemie beispielsweise auf die Kleinsten auswirkt, wird sich wohl auch erst noch zeigen. Ich hoffe deshalb, dass wir Erwachsene die nächsten Wochen und Monate nicht nur zum Ausruhen (und natürlich Wahlkämpfen) nutzen, sondern dass wir gleichzeitig dabei nicht vergessen, dass diese Pandemie nicht vorbei ist und wir von Entscheidungsträger*innen weiteres Handeln im Sinne niedriger Inzidenzen einfordern – ohne dass der Preis dafür auf Kinder und Jugendliche abgewälzt wird. Wenn es also darum geht, Luftfilter endlich anzuschaffen oder zusätzliche Räume anzumieten, will ich nicht hören, dass das zu teuer ist und die Schulden, die aufgenommen werden könnten, zukünftige Generationen zu sehr belasten. Das ist einfach unehrlich. Stattdessen sollten wir (wie das gute Krisenbekämpfung nun mal erfordert) alle uns zur Verfügung stehenden Instrumente auch ergreifen.
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