Allein im Vorjahr saßen fast 60 Menschen monatelang im Gefängnis, nur weil sie von der Bremer Straßenbahn AG (BSAG) wegen Fahrens ohne Fahrschein angezeigt worden waren. Die Verkehrsgesellschaft Bremerhaven stellt wegen dieses Vergehens hingegen generell keine Strafanträge. Das geht aus der Senatsantwort auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion hervor. Die Grünen fordern die BSAG auf, fortan beim Fahren ohne Fahrschein auf Strafanzeigen zu verzichten.
Die BSAG konterkariert mit den Strafanzeigen die Bemühungen, das Fahren ohne Fahrschein zu entkriminalisieren, so die rechtspolitische Sprecherin Sülmez Dogan: „Die Verfolgung des Fahrens ohne Fahrschein als Straftat belastet die Justiz und Ermittlungsbehörden unnötig und verursacht mit den Ersatzfreiheitsstrafen unverhältnismäßig hohe Kosten. Damit trifft vor allem die Ärmsten der Gesellschaft die härteste Sanktion des Staates. Dabei richtet das Fahren ohne Fahrschein finanziell oft nicht mehr Schaden an als z.B. die schuldig gebliebene Gebühr von Falschparker*innen. Die Herabstufung von einer Straftat zu einer Ordnungswidrigkeit wäre das Mindeste. Die Verkehrsgesellschaft Bremerhaven handelt mit ihrem Verzicht auf Strafanzeigen in solchen Fällen vorbildlich. Es reicht völlig aus, die zivilrechtlichen Ansprüche auf das erhöhte Beförderungsentgelt geltend zu machen. Auch die Bremer Justizvollzugsanstalt zeigt Verantwortung, indem sie die betroffenen Gefangenen über die Initiative Freiheitsfonds informiert, die Ersatzfreiheitsstrafler*innen finanziell auslöst. Wichtig ist auch, die Haftvermeidungsprogramme aufrechtzuerhalten. Dazu gehören die Möglichkeit, die Geldstrafe abzuarbeiten, oder auch das stark preisreduzierte Stadtticket extra.“
Der verkehrspolitische Sprecher Ralph Saxe fordert die BSAG auf, künftig auf Strafanträge zu verzichten: „Menschen, die ohne gültiges Ticket Busse und Straßenbahnen nutzen, gehören nicht ins Gefängnis. Wir reden hier über Personen, die in den allermeisten Fällen in schwierigen Lebenssituationen stecken und mit vielen Problemen von Sucht über psychische Erkrankungen bis zu Verschuldung zu kämpfen haben. Die BSAG kann sich auf die Durchsetzung ihrer zivilrechtlichen Ansprüche beschränken. Auf Strafanzeigen sollte sie künftig hingegen verzichten.“
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